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Herr Czjerkov |
Alkohol ist eine großartige Sache - besonders Bier: es ist verhältnismäßig günstig und macht Frauen schön. Und bei unserem Praktikanten 'prickelt es auch noch so schön in seine Bauchnabel'.
Warmes Bier schmeckt beschissen, aber immer noch besser als Tee - diese Engländer...
Einmal pro Woche treffe ich mich mit meinen Kumpels zum Stammtisch und wir stellen uns sechs bis 16 Bier rein. An diesen Abenden wird über sehr viel Blödsinn geredet, wie z.B. Politik, aber auch über wichtige Dinge, wie die Brüste der Bar-Dame. Außerdem werden jede Menge schmutzige Witze gerissen und viel gelacht. Ein positiver Nebeneffekt ist natürlich, dass man danach blau ist, ein weiterer, dass man bei anderen den Anschein erweckt, als hätte man ein soziales Umfeld neben der Arbeit und einsamen Freizeitvergnügen.
Wie viele wir am Stammtisch immer sind, kann Ihnen allenfalls die Kassiererin erzählen, aber doch ist uns aufgefallen, dass mindestens einer fehlt - der Julius*. Schon seit drei Jahren ist Julius* nicht aufzufinden und niemand weiß, wo er sein könnte. Drei Jahre! Zahlen und Fakten hierzu:
Das sind mehr als 150 Wochen und über 900-2400 Bier!
Zuerst haben wir uns keine weiteren Gedanken gemacht, aber dann fingen wir an, uns Sorgen um Julius* zu machen. Ist er gestorben? Hat er geheiratet? Ist er im Knast gelandet?
Analysieren wir dies einmal:
Gestorben? Nein, mit 29 Jahren noch etwas zu jung.
Geheiratet? Nein, dafür ist er zu hässlich - Frauen beachten Julius* nicht, selbst wenn er direkt vor ihnen nackt den Moon-Walk aufführt.
Verhaftet? Nein, fürs Auf-die-Theke-kotzen gibt es keine drei Jahre.
Eines Abends trafen wir seinen Mitbewohner (nein, Julius* ist nicht schwul, sondern nur arm), der uns aufklärte: Julius* ist World of Warcraft abhängig! Seit drei Jahren! Seit mehr als 150 Wochen und über 900-2400 Bier!
Wirklich klar wurde uns das Ausmaß seiner Spielsucht, als die Kneipe eines Abends dicht hatte und wir uns nüchtern über gewisse Angelegenheiten unterhalten mussten: Julius* fehlt in unserer Runde, weil er völlig abgeschottet in seiner eigenen, virtuellen Welt lebt. Sein Studium hat er geschmissen (ursprünglich wollte er Game-Developer werden), eine Ausbildung hat er nicht. Er ist zwar gelernter Schneider, aber auch nur in World of Warcraft. Dadurch, dass er in seinem Leben noch nie gearbeitet hat, kann er auch kein Arbeitslosengeld beantragen.
Um wenigstens so einigermaßen über die Runden zu kommen, hat er seine Lebensversicherung aufgelöst - diese ist aber auch schon längst aufgebraucht. Hätte er so viel Zeit, wie er in WoW gesteckt hat, ins echte Leben investiert, hätte er jetzt einen gutbezahlten, interessanten Job und das mit dem nackten Moon-Walk würde auch besser klappen.
Solche Härtefälle mögen Einzelfälle sein, generell wäre es verkehrt, die Schuld nur auf derartige Spiele zu schieben. Wären es keine Spiele, wären es womöglich Drogen oder eben... Bier.
Doch Julius* ist kein Einzelfall!
Meine... na ja... nennen wir sie... bessere Hälfte... hat mich für zwei Wochen (12-32 Bier) nach Gran Canaria in den Urlaub geschleppt. Was ich dort sah, konnte ich kaum glauben! Ein vielleicht-grade-mal-17-jähriger saß im Computerraum des Hotels und spielte World of Warcraft. Was ist das für ein Kerl?! Wie sehr muss er sich selbst hassen, dass er für drei Euro die Stunde hinter abgedunkelten Gardienen vorm Rechner hockt, während draußen 28 Grad im Schatten, Sonne, Strand und Meer herrschen und schwedische oben-ohne-Schönheiten Cocktails servieren? Wieso fliegt der Kerl überhaupt nach Gran Canaria?! Die drei Euro hätte ich ja eher in Bier investiert, hätte ich nicht eh all-inclusive gehabt.
Bei unserem wöchentlichen Stammtisch verstummen nach und nach die Gespräche über Julius*. Sein Mitbewohner hat sogar Gefallen an dem kaum mehr vorhandenen Julius* gefunden: Julius* nutzt nur noch selten andere Räume ihrer gemeinsamen Wohnung, es ist immer leise und sein Mitbewohner spart sich auch das Rausbringen des Mülls - den wirft er einfach in Julius* Zimmer, da fällt es niemandem auf - auch Julius* nicht.
Julius* Mietschulden haben ein neues Hoch erreicht - er selbst beziffert es mit knapp 500 WoW-Monats-Abos...
*Name wurde NICHT geändert, damit es ihm peinlich ist.
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